Thomas Kosma Bildhauer

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Atelier
Bildhauer Thomas Kosma
Agnesstrasse 26
3400 Klosterneuburg



Portrait

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Thomas Kosma. Bildhauer

Die Wahl des Materials hat mit der Form zu tun.
Nur mit der Form. Material und Form bedingen einander.

Bacon and Ribs war meine Diplomarbeit. Zuerst habe ich
mich zeichnerisch Francis Bacon genähert. Ich habe die
Zeichnung immer weiter reduziert, um in den Raum
gehen zu können.

Spareribs. Rippenstücke, variabel: auf dem Boden liegend,
gegen die Wand gelehnt. Schwarz: dunkler Zement. Rost-
­rot: mit Gußeisen vermischt. Das Ganze rostet in sich.

Überall Rippenstücke, auf Sockeln und am Boden. Flat Ribs.
Ein Stück Fleisch mit Knochen. Das war die Vorlage.
Zitate der Anatomie. Weil man der Materie näherkommt,
wenn man von ihr abstrahiert.

Knochen formen die menschliche Figur. Knochen tragen die
menschliche Figur. Knochen sind zerbrechlich. Knochen sind
ein Symbol des Todes. Knochen sind oft das einzige, was
übrigbleibt. Knochen und künstlerische Artefakte

In situ ist die Rekonstruktion einer Hockerbestattung, früh-
­bronzezeitlich. Was Knochen war, ist Metall.

Das ist das Archäologische: das Kulturelle und das
Natürliche. Eine Urform gibt es nicht, nur das Artefaktische.

Das sind alles Erinnerungsstücke. Nicht Natur, sondern
kulturelle Zeichen. Das ist immer interpretierte Natur.

Durch die Verfremdung ist der naturalistische Eindruck
stärker als durch die Nachbildung.

Das Mammut war eine Auftragsarbeit. Das steht in Nußdorf
ob der Traisen, vor dem Urzeitmuseum. In Originalgröße.
Aus Beton, mit Stoßzähnen aus Kunststoff.

Ich bin mit Archäologie aufgewachsen. Meine Mutter
restauriert historische und vorgeschichtliche Keramik.

Kontrapost. Standbein und Spielbein.Das Standbein ist aus
Stahl und das Spielbein ein Betonguss. Ausgangspunkt war
ein Hüftknochen und eine Gelenkschale. Ein Hüftknochen,
kombiniert mit einer Wade. Innere Struktur und äußere
Erscheinung.

Pas de deux ist ein Tanz: Berührung, Verschmelzung,
Teilung. Eine Figur geht aus der andern hervor und wieder
in die andere über. Der männliche und der weibliche Teil.
Und der Raum zwischen den Teilen. Weil Formen auch den
Raum dazwischen definieren.

Männliche Figur. Pfahl. Das ist eine Schiene, zerschnitten
und gegengleich montiert. Den Spitz hab ich hinzugefügt.
Das Stück stammt von der Nußdorfer Zahnradbahn.

Doppelmond im Stier. Picasso zugeeignet, seinem Stierkopf
aus Fahrradsattel und –lenkstange. Auch meine Skulptur ist
ein objet trouvé. Die Mondhälften habe ich gefunden, und
den Eisenblock auch.

Januskopf. Die oberen Teile, die Kopfformen sind Fund-
­stücke. Der Hals ist gemacht, der Sockel.
Der Sockel ist Teil der Skulptur.

Auseinander. Der Titel ist Teil der Skulptur, in Metallbuch­-
staben auf den quadratischen Sockel geschrieben, die
einzelnen Silben, eine auf jeweils eine Seite des Sockels:
AUS EIN AN DER.
Die vier Stelen sind auch aus einem Block geschnitten. Ein
500 Kilogramm schweres Stück Metall. Das Metallstück war
ein Fundstück.

Ich sammle Material auf Vorrat. Bis es soweit ist.

Die vier Stelen waren ursprünglich ein Block. Der wurde
zerschnitten, und die Teile habe ich wieder zueinander in
Beziehung gesetzt.
Die unterschiedliche Biegung der Stelen ist eine Folge der
Schneidhitze.
Das ist Zufall. Kalkulierter Zufall.
Die Metallarbeit wird im Schnitt wieder organisch.

Um die Schwingung aufzufangen, wenn man gegen eine der
Stelen schlägt – um die Skulptur zum Klingen zu bringen,
genügt ein Schlag mit der flachen Hand – der Klang hat die
Intensität einer Kirchenglocke – um die Schwingung auf­-
zufangen, sind die Stelen miteinander verbunden, mit einer
Distanz.

Die Distanz habe ich selbst eingeschweißt. Als Bildhauer bin
ich immer auch Handwerker. Alle Arbeiten entstehen im
Austausch mit Handwerkern.
Machen oder machen lassen – das hängt von den
technischen Möglichkeiten ab.

Mein Lieblingswerkzeug ist der Winkelschleifer.

Die Female Ribs wurden in der VOEST geschnitten. Die
Vorlage ist eine 7. weibliche Rippe: der Schlagschatten
davon. Der fotografische Schlagschatten, transformiert in
den Raum.

Drei verschieden große Rippen, und jede ist absolut
harmonisch ausbalanciert. Jede Rippe hat ihr eigenes
Gleichgewicht.
Die größte Rippe wiegt 550 Kilo und ist 3 Meter lang. Das ist
ein Drittel der idealen Größe. Die Skulptur soll Adam heißen,
als 7. Rippe der Frau.
Adam soll 10 Meter lang werden und in einem Außenraum
stehen, in Beziehung zu einem fließenden Gewässer.

Die Skulptur soll bewegt werden können, von jedem, mit der
Hand. Sie soll schaukeln.

Die Statik entsteht automatisch, aus dem Arbeitsprozeß.
Der Raum für die Skulptur, den habe ich immer im Kopf.

Lucas Cejpek. Schriftsteller

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